EU-Parlament beschließt Abschaffung von Roaming-Gebühren ab Juni 2017

Zudem neue Regelungen Netzneutralität verabschiedet

27. Oktober 2015

Das Europäische Parlament hat am heutigen Dienstag neue Regeln zur Abschaffung der Roaming-Gebühren und zur Netzneutralität beschlossen. Das Gesetzespaket für »den elektronischen Binnenmarkt« ist ein Kompromiss zwischen Kommission, Parlament und Rat der Europäischen Union, der bereits Ende Juni 2015 bekannt gegeben wurde. Demnach sollen Zusatzgebühren für das Telefonieren und Surfen im Ausland ab Sommer 2017 abgeschafft werden. In einem ersten Schritt sollen zu zusätzlichen Gebühren bereits 2016 gedeckelt werden.

Die neue Verordnung tritt zum 30. April 2016 in Kraft. Dann sollen die Roaming-Gebühren zunächst gedeckelt werden und zum 15. Juni 2017 ganz entfallen. Demnach dürfen Mobilfunkanbieter ab dem 30. April 2016 geringe zusätzliche Gebühren auf die national geltenden Tarife erheben. Diese Roaming-Aufschläge dürfen folgenden Beträge nicht überschreiten: 5 Cent/Minute für Anrufe, 2 Cent je SMS und 5 Cent je Megabyte bei mobiler Internetnutzung, jeweils zzgl. Mehrwertsteuer. Die Obergrenze für eingehende Anrufe werden allerdings später in diesem Jahr festgelegt und »soll dann voraussichtlich weit unter jener für abgehende Anrufe liegen«, teilte das EU Parlament mit. Wie bereits im Sommer vereinbart, jedoch kaum kommuniziert soll gelten: Trotz Aufpreise ab April 2016 dürfen die Gesamtpreise nicht höher sein, als aktuell (seit Sommer 2014) geltende Obergrenzen.

Weiterhin wurde auch eine Kostendeckung für die Mobilfunknetzbetreiber beschlossen. Das bedeutet: »Wenn Betreiber ihre Kosten nachweislich nicht decken und beweisen können, dass sich dies auf die Inlandspreise auswirkt, können die nationalen Regulierungsbehörden ihnen gestatten, in Ausnahmefällen Minimalaufschläge zu erheben, um alle relevanten Kosten zu decken. Dabei geht es um die Gebühren, die sich die Anbieter gegenseitig in Rechnung stellen, wenn Kunden Netze im Ausland nutzen.« Die Abgeordneten konnten durchsetzen, dass die Regulierungsbehörden befugt sind, solche Aufschläge abzuändern oder abzulehnen.

Auch hat das EU Parlament die im Sommer angekündigte Regelung zur angemessenen Nutzung (»Fair-Use-Policy«) verabschiedet. Damit sollen Mobilfunkanbieter vor einer missbräuchlichen Nutzung oder »dauerhaftem Roaming« geschützt werden. Die Regelungen greift in dem Fall ein, wenn der Kunde beispielsweise eine SIM-Karte in einem anderen EU-Staat kauft, in dem die Inlandspreise niedriger sind, um sie bei sich zu Hause zu verwenden. Ebenso sollen Fälle ausgeschlossen werden, wenn der Kunde sich dauerhaft im Ausland aufhält, aber einen in seinem und für sein Heimatland abgeschlossenen Vertrag nutzt. Für solche Fälle sollen Kontingente gelten, welche noch zu definieren sind. Sind diese Telefonie-Minuten, SMS und Datenvolumen aufgebraucht, dürfen die Mobilfunkanbieter wieder Roaming-Aufschläge berechnen.

Verbraucherschützer fordern, dass die Netzbetreiber, die Ausnahmen für Roaming-Zuschläge beantragen wollen, sollten verpflichtet werden sollen, Transparenz über die eigene Kalkulation zu schaffen. Weiterhin müssen die Großhandelspreise zügig gedeckelt werden, um die Roaminggebühren für Endkunden bis Mitte 2017 abschaffen zu können, so die Forderung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).

Regelungen zur Netzneutralität

Das neue Gesetz verpflichtet auch die Anbieter von Internetzugangsdiensten, den gesamten Verkehr bei der Erbringung solcher Dienstleistungen gleich zu behandeln. Dies soll ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung, sowie unabhängig von Sender und Empfänger, den abgerufenen oder verbreiteten Inhalten, den genutzten oder bereitgestellten Anwendungen oder Diensten oder den verwendeten Endgeräten erfolgen, heißt es in der offiziellen Mitteilung. Ausnahmen sollen zum Beispiel bei gerichtlichen Anordnungen, zur Vorbeugung gegen Cyberangriffe oder um Netzüberlastungen zu vermeiden gelten. Solche »angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen« sollten »transparent, nichtdiskriminierend und verhältnismäßig« sein und nicht länger dauern als unbedingt nötig.

Der Text sieht vor, dass Internetanbieter »Spezialdienste« anbieten dürfen, zum Beispiel eine für bestimmte Dienste wie Internet-TV, Videokonferenzen oder bestimmte Anwendungen im Gesundheitswesen benötigte verbesserte Internetqualität. Dies soll jedoch nur unter der Bedingung erfolgen, dass sich dies nicht auf die allgemeine Internetqualität auswirkt. Genauere Regelungen sollen zum Teil von nationalen Regulierungsbehörden festgelegt werden. In Deutschland ist damit die Bundesnetzagentur gefragt, Regeln zur Umsetzung der Netzneutralität festzulegen. Verbraucherschützer fordern, dass die neuen Spezialdienste nicht zu Lasten des freien Internetzugangs gehen.

»Überholspuren im Internet dürfen nicht dazu führen, dass der normale Zugang zum Internet schlechter wird. Die Bundesnetzagentur muss jetzt schnell Mindeststandards für die Qualität und Geschwindigkeit von Internetanschlüssen festlegen. Werden diese nicht eingehalten, müssen Verbraucher entschädigt werden. Wenn die Bahn zu spät kommt, bekommen Fahrgäste auch Geld zurück«, so Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Unternehmen erhoffen sich zusätzliche Einnahmen dadurch, dass sie für einzelne Dienste eine schnellere Übertragung gewährleisten dürfen.

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